Ödes Racing, schwacher Besuch: Spielberg erlebt ernüchterndes MotoGP-Event 2024
Jahrelang war der Österreich-Grand-Prix ein echtes Highlight im MotoGP-Kalender. Die 2024er-Ausgabe verlief aber enttäuschend. Wie geht es weiter?
2016 feierte die Moto GP nach fast zwei Jahrzehnten Abwesenheit ihr Comeback in Österreich - und servierte den Fans am Red Bull Ring fortan echte Kracher am laufenden Band. Andrea Dovizioso und Marc Marquez bekriegten sich 2017 und 2019 bis zur letzten Kurve, dazwischen lieferten sich Marquez und Jorge Lorenzo ein Hammerduell. 2020 kam es zum Dreifachshowdown in der Zielkurve zwischen Miguel Oliveira, Pol Espargaro und Jack Miller. Und 2021 ließ Brad Binder KTM beim Heimrennen mit seiner irren Fahrt auf Slicks im Regen jubeln.
Es sollte das bislang letzte große MotoGP-Highlight in Spielberg bleiben. Die Ausgaben 2022, 2023 und 2024 waren allesamt keine großen Klassiker. Vor allem die Rennen im Vorjahr und am vergangenen Wochenende hatten starken Prozessionscharakter. Fahrer, die eher hintereinander herfahren als gegeneinander zu kämpfen drehen 28 Runden und am Ende darf Francesco Bangnaia jubeln.
Dieses wenig aufregende Schauspiel ist nicht die Schuld von Bagnaia oder Ducati, sondern viel mehr dem Streckenlayout in Spielberg geschuldet. Der Red Bull Ring war immer ein Stop-and-Go-Kurs, seit der Einführung der neuen Schikane 2022 gilt das noch mehr. Es ist wohl kein Zufall, dass es seither kein spektakuläres MotoGP-Rennen in Spielberg mehr gab. Eine Runde beginnt dort jetzt mit vier extrem harten Bremszonen. Diese treiben Reifen- und Bremstemperaturen nach oben. Vor allem dicht hinter anderen Motorrädern kommen die MotoGP-Bikes und mit ihnen ihre Fahrer so an ihre Grenzen. Am Sonntag erreichten manche Piloten über 120 Grad Reifentemperatur an der Front - mehr als 100 Grad sollten es eigentlich nicht sein.
MotoGP-Fahrer klagen über Spielberg-Layout
"Wenn du weiter hinten im Feld bist, ist das Rennen gelaufen", erklärte am Sonntagabend. "Es gibt hier keine flüssigen Abschnitte, in denen du Zeit gutmachen kannst. Es ist ein ständiges Bremsen und Beschleunigen, Bremsen und Beschleunigen, Bremsen und Beschleunigen. Da ist es fast unmöglich, nah an anderen Fahrern dranzubleiben. Diese Strecke ist für mich sicherheitstechnisch absolut am Limit. Und auch was die Show betrifft macht es keinen Spaß."
Zustimmung erhielt er von Luca Marini , der nach einem technischen Defekt einen Großteil des Österreich-GP aus der Box verfolgte. "Das war ein wirklich langweiliges Rennen. Es war richtig schwer anzusehen", so der Honda-Pilot. "Das Layout ist einfach schlecht für Racing. Du kannst andere Fahrer kaum verfolgen, sonst gehen Reifen- und Bremstemperatur durch die Decke. Man sieht ja, dass immer rund eine Sekunde zwischen den Piloten liegt." Mit dieser Analyse untertreibt Marini sogar noch. Die Abstände zwischen den einzelnen Positionen in den Top-Ten am Sonntag: 3 Sekunden, 4 Sekunden, 6 Sekunden, 5 Sekunden, 3 Sekunden, 3 Sekunden, 3 Sekunden, 1 Sekunde, 1 Sekunde.
MotoGP in Spielberg: Wo bleibt die Erlösung?
Hoffnung auf Besserung gibt es vorerst kaum. Denn das Technische Reglement der MotoGP bleibt bis inklusive 2026 stabil, die Belastungen auf Reifen und Bremsen werden also eher wachsen als abnehmen. Und am Layout der Strecke wird sich wohl auch nichts ändern, wurde die Schikane nach den dramatischen Szenen von 2020 ja nicht umsonst eingebaut.
Ein Umstand, der den Verantwortlichen in Spielberg durchaus Sorgen bereiten sollte. Denn das Zuschauerinteresse am vergangenen Wochenende hielt sich massiv im Rahmen. 67.271 Fans wollten den Grand Prix am Sonntag sehen, 150.817 waren es an allen Tagen zusammengefasst. Das bedeutet den mit Abstand schlechtesten MotoGP-Wert in der Red-Bull-Ring-Geschichte. Zum Vergleich: Bei den ersten drei Ausgaben sprengte man jährlich locker die Marke von 200.000 Zusehern. Inwiefern dieser drastische Rückgang auf das maue Racing der vergangenen Ausgaben zurückzuführen ist, lässt sich schwer sagen. Die Kommentarspalten von Motorsport-Magazin.com sind aber auf jeden Fall voll von Fans, denen die gestiegenen Ticketpreise einen Ausflug nach Spielberg vermiest haben. Tatsächlich drehte man am Red Bull Ring in den vergangenen Jahren kräftig an der Preisschraube. Bei der Premiere 2016 kostete ein Stehplatzticket für das gesamte Wochenende 72 Euro, in diesem Jahr waren es 120. Ein Ticket für die Red-Bull-Tribüne zwischen Kurve eins und zwei verteuerte sich in diesem Zeitraum von 165 auf 275 Euro. Das ist in beiden Fällen eine Preissteigerung von 67 Prozent.